Interview

“Unitre stillt das Bedürfnis der Migrations-bevölkerung nach kultureller Bildung”

Interview mit Michelangelo Penticorbo, Präsident von Unitre, sprach Beat Bühlmann, Projektleiter Altern in Luzern (Alter und Gesundheit, Fachstelle für Altersfragen Stadt Luzern).

Das Entwicklungskonzept „Altern in Luzern” sieht die Umsetzung des Teilprojekts Bildung im Alter vor. Denn Bildung ist eine wichtige Voraussetzung für die soziale Teilhabe und soll deshalb auch für Menschen mit einem Migrationshintergrund zugänglich sein. „Unitre”, die 2005 in Luzern gegründete italienische Volkshochschule, ist ein solches Modell, um Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund den Zugang zur Bildung zu ermöglichen. Neu werden ab diesem Herbst unter dem Titel „Unitre-Universitas” auch Kurse in Spanisch und Portugiesisch angeboten. Am Sonntag, 21. September, stellen die Initianten im Centro Papa Giovanni in Emmenbrücke das neue Kursangebot vor.

Was ist die Kernidee von Unitre?
Michelangelo Penticorbo:
 Alle Menschen soll Zugang zur Kultur und Bildung haben, also eine allgemeine Weiterbildungsmöglichkeit erhalten. Dies gilt insbesondere auch für Menschen mit Migrationshintergrund.

Was zeichnet Unitre aus?
Unitre bietet unterschiedliche Kurse an, genauso wie eine deutschsprechende Volkshochschule. Besonders ist daran, dass die Kurse erstens in unterschiedlichen Migrationssprachen angeboten werden. Und zweitens die Dozentinnen und Dozenten, die aus unterschiedlichen Ländern stammen, ihr Wissen ehrenamtlich vermitteln, also unentgeltlich. Auch der Einsatz der Organisatoren wird nicht entlöhnt.

Warum braucht es Unitre?
Unitre ist nötig, damit die Migrationsbevölkerung ihre Bedürfnisse nach kultureller Bildung, Sozialisierung und Integration in der Heimsprache stillen kann.

Warum ist Bildung wichtig?
Bildung ist das unabdingbare Gut für die seelische und geistige Entwicklung der Menschen. Bildung öffnet den Horizont und erweiterte die Persönlichkeit, ermöglicht den individuellen und gesellschaftlichen Austausch über die eigenen Kulturen und Nationen hinaus und fördert schliesslich eine aktive Integration.

Was wird zum Beispiel unterrichtet?
Zum Weiterbildungsangebot gehören Naturwissenschaften (Anthropologie, Astronomie, Biologie, Chemie, Geologie, Geschichte, Kunstgesichte, Philosophie, Psychologie, Religionen, Soziologie); Handarbeiten (Basteln mit Papier und Karton, Keramik, Makramee, Malen, Mosaik, Patchwork, Porzellan malen, Schmuckstücke mit Perlen herstellen, Schneiderkurs, Zeichnen); Praktische Kurse (Informatik: Internet, Skype, Word, Excel, Fotobearbeitung, Fotografie, Kochen, Kunsttherapie, Logische Spiele, Make-up, Wein-Degustation); Sprachen (Deutsch, Englisch, Griechisch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Schwizerdütsch).

Geht es auch um Alltagshilfe?
Ja, wir bieten im Rahmen der Gesundheitsförderung Vorträge an, die von Ärzten über Krankheiten und Prävention gehalten werden. Aber auch sonstige Sport- und Bewegungskurse wir Autogenes Training, Ayurveda, Balance, Gedächtnistraining, Gymnastik für Frauen, Samariterkurs, Strech & Relax, Wassergymnastik, Yoga, Ernährungskunde, Karate sowie Volks- und lateinamerikanische Tänze gehören zum Angebot.

Lernen die Teilnehmenden auch die Schweiz besser kennen?Bestimmt, denn wir leisten mit gezielten Kursen einen Beitrag zur Integrationsförderung: Themen sind zum BeispielDeutsch als Fremdsprache, die Schweiz und ihre Institutionen, das schweizerische Steuersystem und die Steuererklärung, das Versicherungssystem. Oder wir bieten Kurse in  Schweizer Geschichte an, besuchen historische Orte, unterrichten Geographie mit Ausflügen in bestimmten Täler, Berge und Seen oder stellen religiöse Kultstätten vor.

Für wen sind diese Kurse gedacht?
Für Frauen und Männer, die sich in ihrer Heimatsprache weiterentwickeln möchten und für Menschen, die früher aus sprachlichen, familiären, beruflichen und ökonomischen Gründen sich nicht weiterbilden konnten.

Warum bietet Unitre nun Kurse auch in Spanisch und Portugiesisch an?
Aufgrund des Erfolgs der italienischsprechenden Volkshochschule möchten wir die Volkshochschule unter dem Titel „Unitre-Universitas” auch für weitere Migrationskulturen öffnen. Als Pilotversuch haben wir in einem ersten Schritte zwei Sprachen mit lateinischem Ursprung ausgewählt, Spanisch und Portugiesich. Wir sind sehr stolz, dass die entsprechenden Gemeinschaften mit den Vertreter Louis Rogado und Jorge Esteves sich mit grosser Begeisterung sofort beteiligt haben.

Wer kann mitmachen?
Jeder, der sich kulturell weiterentwickeln oder andere Leute kennenlernen will, kann sich anmelden. Selbstverständlich sind auch Schweizerinnen und Schweizer willkommen. UNITRE – UNIVERSITAS ist nicht nur eine Bildungsinstitution, sondern  auch ein Ort der Freundschaft!

Sind auch Dozentinnen und Dozenten gefragt?
Selbstverständlich, wir suchen stets Fachpersonen, die Freude daran haben, ihr Wissen zu teilen. Denn Kultur ist ein Erbe der Menschheit.